Freitag, 27. März 2009

he thought of cars

Nach dem Amoklauf von Winnenden überschlagen sich die Fernsehsender ( überraschenderweise sind hier die Öffentlich Rechtlichen weit vor den Privaten) mit Exklusiv-Interviews und Reportagen über das Thema.
Gestern saßen ( nach dem zuvor aufgenommenem Einzelinterview mit dem Vater einer der getöteten Schülerinnen) Politiker und Vertreter der Waffenlobby zusammen. Interessant wurde es, als Innenminister Uwe Schünemann doch tatsächlich behauptete, die Killerspiele seien ein größeres Problem als die eigentlichen Schußwaffen.
Schünemann argumentierte, dass es wissenschaftlich bewiesen sei, dass Killerspiele die Tötungsbereitschaft von 20 auf 80 Prozent steigern können. Bei der hohen Spielfrequenz müsste es bei einer "80 prozentigen Tötungsbereitschaft"
allerdings jede Woche ein Winnenden geben.
Überhaupt wurde ausschließlich über Reglementierung diskutiert und wenn es kurz um mögliche Ursachen ging, wurde wieder auf die Killerspiele verwiesen. was für eine produktive Diskussion!

Die Ursache der allgemeinenenen Problemverkürzung in den Medien und ihrer Analyseunfähigkeit liegt nicht nur in dem von Johannes Rau nach Erfurt gemachten Kommentar: "Wir sollten uns eingestehen, wir verstehen diese Tat nicht."
Vielmehr sollten wir eingestehen, wir wollen 'diese Tat' nicht verstehen.
Denn um so etwas verstehen oder auch nur ansatzweise nachvollziehen zu können, müsste
man auch seine letzten humanistischen Affekte abgetötet haben.
Um derart "hinrichten" zu können, muss man mindestens ein Nihilist sein.
Allerdings wird niemand als tötungsgeiler Nihilist geboren?
Wie kann sich also ein erst 17 Jähriger sich innerhalb dieser kurzen Lebenszeit von seiner Menschlichkeit verabschiedet haben?

Es mag individuell ganz unterschiedliche Gründe haben, warum plötzlich kein Wert und kein Leben mehr ein Sinn machen soll.
man kann aber davon ausgehen, das endlos quälende Einsamkeit und Entfremdung- wenn vielleicht auch dem Betroffenem nicht immer bewusst- dazu führen können.

Einsamkeit und Entfremdung sind in unserer heutigen Gesellschaft keine großen Unbekannten, sondern weit verbreitet. Dabei spielt die alte Frage nach der sozialen Kälte wahrscheinlich eine wesentliche Rolle.
Viele Medien bestärken nicht nur soziale Kälte, sondern darüber hinaus eine Art von neoliberalem Nihilismus , indem sie in menschenverachtenden Shows wie Superstars, Topmodel etc. Jugendliche vollkommen auf eine austauschbare Ware reduzieren. Es wäre also durchaus angemessen, wenn man unbedingt über Verbote debattieren möchte, den Verbot solcher Sendungen zuerst zu fordern, anstatt weiter mit dem Verweis auf Killerspiele von den eigentlichen Ursachen abzulenken.
Die Politik bequängelt eigentlich ihre eigene ideologie und wundert sich, dass ihre Kinder ihrem Wahn zum Opfer fallen...
Dabei könnte ein jeder wenigstens die Anfänge eines Weges nachvollziehen, der in der Leugnung aller Werte und dem Wunsch nach absoluter Zerstörung und Auslöschung endet...
Man muss sich dabei nur an einen Moment der eigenen Einsamkeit und Hilflosigkeit zurückerinnern und sich diesen gepaart mit einer totalen leere durch ein vielfaches potenziert denken.

"he thought of cars and where to drive them and who to drive them with...but there was no one."

...

Samstag, 21. März 2009

janet cardiff/george bures miller_the murder of crows


nachdem ich letztes jahr bereits die beeindruckende "40part motet"- installation von cardiff/ bures miller erleben konnte, war ich nun anläßlich der märzmusik im hamburger bahnhof und habe mir den akustischen quasifilm "murder of crows" gleich zweimal angehört. sicherlich ist es interessant, wenn man gut positioniert inmitten, d.h. zwischen, unter, vor und hinter den installierten lautsprechern sitzt. sicherlich sollte man auch mal seinen platz verlassen und inmitten der 98?! lautsprecher wandern gehen, um die physikalische dimension, um die es auch gehen soll, besser empfangen zu können. inhaltlich und vor allem musikalisch gibt es da aber ein dutzend weitaus interessantere stücke und konzepte, um die in der presse aber lang nicht so ein hype veranstaltet wird. im großen und ganzen fand ich die traumsequenzen eher auf eine banale weise lustig als angsteinflößend, da sie mich in ihrer "beinlosen" Überspitzung ständig an horrortrash- movies erinnerten. der versöhnende popsong am schluß war dann definitiv zu lang und zuckrig, beendete die krähen und hinterließ eine menge erhabene gesichter.


"The Murder of Crows" im Hamburger Bahnhof - Museum für Gegenwart ist die bisher größte Sound-Installation der kanadischen Künstler Janet Cardiff und George Bures Miller, die damit ihre Auseinandersetzung mit den skulpturalen und physischen Eigenschaften von Klang fortsetzen.
In der Haupthalle des Hamburger Bahnhofs installierten Janet Cardiff und George Bures Miller insgesamt 98 Lautsprecherboxen. Außerdem befinden sich in der Halle ein paar Stühle um einen Tisch gruppiert, auf dem wiederum eine Lautsprecher liegt. Aus ihm erklingt die Stimme von Janet Cardiff, die drei Alpträume erzählt.
Die Komposition der Lautsprecherklänge aus Stimmen, Geräuschen und Instrumenten verwandelt den gesamten Raum in einen Ort akustischer Projektion. Der Betrachter bzw. Zuhörer scheint in eine simulierte Wirklichkeit versetzt, die durch akustische Irritationen verschiedene reale und fiktionale Ebenen anspricht. Die Wahrnehmung des physischen Raumes wird durch die des virtuellen Raumes überlagert. Verstärkt wird dieses Gefühl durch die spezielle Ambisonic-Raumklangtechnik, die ein übersteigertes räumliches Hören und Empfinden erzeugt."

zeit- artikel zur austellung


http://www.youtube.com/watch?v=Xfa2fvWZ6II