Mittwoch, 8. Oktober 2008

real_fake_forreal_fake_really?



Was passiert , wenn ein Künstler seine Kunst zu horrenden Preisen verkauft? Was passiert, wenn Banksy, der Smart Ass unter Londons Street Artists für mehrere Hundert Tausend verkauft wird?
Bleibt seine Kunst politisch? Bleibt sie überhaupt Kunst?

Kunst ist Kunst, wenn der Rahmen ihrer Darstellung sie dazu macht, d.h. der Betrachter bestimmt, wann ein Kunstwerk überhaupt ein Kunstwerk sei.
Ein gutes Beispiel für diese kunstästhetische These( welche übrigens nicht von mir stammt), findet sich im Prinzip des Ready Mades: Marcel Duchamp zeigte mit einer Kloschüssel, wie der Kontext in dem etwas ausgestellt wird, darüber entscheidet, ob es als Kunst oder nicht als Kunst betrachtet wird. Duchamps Kloschüssel wird - obwohl es sich hierbei um eine ganz normale unbehandelte Kloschüssel handelt- im Kontext eines Museums und seines Namens vom Betrachter als 'Kunstwerk' rezipiert. Das gleiche Objekt in einer öffentlichen Toilette würde hingegen niemals als Kunstwerk in Betracht(ung) kommen.
Der Kontext in dem Kunst stattfindet ist also entscheidend. Das gilt insbesondere für die Street Art und Graffiti, die seit ihren Anfängen im sozialen und geographischen Kontext von 'Straße' stattfinden und lange Zeit vom Museumsbetrieb ausgeschlossen waren.
Wenn man nun Banksys Werke anguckt, muss man kein ausgesprochener Kenner sein, um festzustellen, dass seine gesprühten Schablonen ganz besonders mit ihren Orten verbunden sind. Die Häuserwände sind Teil der Komposition.Banksy benutzt die Infrastruktur, die er vorfindet und fügt der vorhandenen Architektur oft nur Minimales hinzu. Die ironischen und oft konsumkritischen Motive kleiner Ratten und Menschen sind dabei so perfekt platziert, dass sie innerhalb einer funktionalisierten gleichgeschalteten urbanen Infrastruktur im wahrsten Sinne des Wortes neue widerspenstige Dimensionen eröffnen. Dieses Öffnen ist superkonkret, d.h.
man sieht tatsächlich wie sich dreidimensionale Wände mit zweidimensionalen Figuren zu Bildergeschichten aufschachteln.
Nun sprechen nicht nur seine Statements machende Figuren und deren Platzierung, sondern auch die Tatsache, dass er bis heute seine wahre Identität geheim zu halten versucht, für das kritische Bewusstsein seiner Kunst.
Nun wurde Banksy entdeckt! Ein paar Promis (Man munkelt u.a. von Angelina Jolie, Kate Moss, was bei Letzter durchaus verständlich ist, schließlich übersetzte Bansky Warhols Marylin Druck in die Gegenwart und machte eine Kate Moss daraus)
fanden Banksy so sexy subversiv, dass ihnen Fotos nicht reichten, sie wollten die Aura eines Originals erwerben und taten das auch.
Es kam, wie es kommen musste. Der Kunstbetrieb entdeckte Banksy für sich und es folgten mehrere Ausstellungen.
Mittlerweile wird ein originaler Banksy schon mal für über 500.000 Pfund verkauft.
Die street Art- Szene ist gespalten; man ist sich uneinig, ob das jetzt der große Sell Out und das Ende von Banksys kunst bedeutet oder ob das der für Banksys Unnachgiebigkeit und künstlerische Originalität verdiente Lohn ist.
In gängigen Foren wird dann auch mal von Szenezugehörigen wie folgt argumentiert:
Banksy wird vom Kunstmarkt für wert befunden. Also interessiert sich der etablierte Kunstmarkt ab nun an womöglich auch für andere Street Artists. Folglich hilft Banksys unglaubliche Wertsteigerung die nicht akzeptierte Straßenkunst hoffähig zu machen.
Das bedeutet ganz platt gesagt, einen enormen Zuwachs an Bekanntheit und Respekt.
Und Respekt ist schließlich die Grundwährung der Straße.
Doch wie wirkt sich das Herausreißen und Verkaufen von Street Art auf eben diese spezielle Kunstform aus?
Wie schon angedeutet ist Street Art stark an ihre räumlichen und sozialen Kontexte gebunden. Der städtische Raum, seine Architektur und die darin enthaltenen Konnotationen sind Teil dessen, auf was sich Street Art bezieht. Gerade Banksy zeichnet sich durch einen antikapitalistischen und anarchischen Humor aus. Die Aneignung öffentlichen Raums zwecks künstlerischer Zeichen- und Meinungssetzung ist Teil der Graffiti-Ideologie. Die Forderung lautet wie eh und je: Die Stadt sollte allen gehören, Street Art tut es.
Doch wie kann Banksy noch allen gehören, wenn er aus all dem herausgerissen wird?
Wie sollen seine Bilder und Statements noch funktionieren, wenn sie plötzlich außerhalb dessen stehen, auf was sie sich eigentlich beziehen?
Und was passiert mit der oft überspitzten, jedoch immer treffsicheren Ironie eines Banksys?
Dass der Markt mittlerweile ein Profi auch darin ist, seine Gegner samt ihrer Gegnerschaft zu vermarkten, ist ein alter Hut.
Mehr noch als an dem Verlust an Glaubwürdigkeit durch den Verkauf, leidet Banksys Kunst an ihrer Entwurzelung, dem Herausziehen aus all ihren funktionierenden Kontexten, denn dafür ist Banksy einfach nicht abstrakt genug.

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