Dienstag, 7. Oktober 2008

zwischen_lücken



Auch wenn es ein Ding der Unmöglichkeit darstellt, das Wesen der Kunst zu definieren, so möchte ich doch behaupten, dass man zwischen guter und schlechter Kunst, d.h. zwischen authentischer Intention und Blenderei und Heuchlerei unterscheiden kann.
Kunst kann diverse Themen, Materialien, Formen, Ausdrucksweisen erforschen und reproduzieren. In ihrer Intention, Idee oder Ausdrucksform authentische Kunst( das schließt eben auch im traditionellen Sinne nicht authentische Kunst, wie z.B. Collagen, Plagiatkunst, Plunderphonics usw. mit ein) hinterlässt idealerweise einen mehr oder weniger großen Rest an Sprachlosigkeit und Irritation, unter Umständen gar Verständnislosigkeit. Dieser Rest resultiert nicht aus einer Inkonsequenz oder einem Fehler des Kunstwerks, sondern ist vielmehr Bestandteil seinerKommunikationsaufgabe.
Diese bestimmte Art Zeitgenössischer Kunst versucht sich weiterhin an den Leerstellen unserer Zivilisation. Dabei versucht der Künstler- wie Susan Sontag in "The Esthetic of silence" schreibt- etwas Dialektisches hervorzubringen: eine bereichernde Leere, ein tönendes oder beredtes Schweigen, eine volle Lücke.
Das Erhabene eines solchen Kunstwerkes schwingt in dieser Dialektik mit, deren Wirkung im oben benannten "gefühlten" Rest zum Tragen kommt.
Nun denke ich, dass das Aufzeigen und Behandeln von Leerstellen oder Lücken an sich zumindest implizit politisch ist: Eine Leerstelle oder Lücke entsteht da, wo etwas zuvor nicht thematisiert worden ist. Etwas wird von der Gesellschaft oft dann nicht thematisiert, wenn es als Nicht wichtig betrachtet wird. Durch das Aufzeigen von Leerstellen thematisiert die Kunst also zuvor Verschwiegenes,d.h. sie politisiert. Das tut sie, indem sie zB im Alltag Unsichtbares, sichtbar macht.
Da die Kunst aber keine exakte Wissenschaft ist, kann und will sie auch keine Absolutheit für ein sowieso subjektives Sichtbarmachen beanspruchen. Sie füllt eine Lücke, aber die Lücke bleibt weiterhin bestehen als "Volle Lücke".
Auch konkrete Formen der Kunst können diese Anforderungen erfüllen.Selbst die Kunst des Zufalls erfüllt es, da ihre Poesie eben in der Nichtintention des Machens besteht.
Doch wie sieht es nun mit all den unternehmerischen Clowns des Kunstbetriebs aus?
Sie stellen sich vor ihr Kunstwerk und halten große Reden. Anstatt leise "ich weiß es vielleicht auch nicht" zu sagen, pressen sie ein sich unendlich ziehendes "ich weiß nicht" in einen möglichst großen Auftritt.
Man kann heutzutage davon ausgehen, dass um so markanter ein Künstler sich selbst produziert, seine Kunst weder besonders originell ist, noch dass ihr irgendeine interessante Intention vorausging. Warum sonst müsste er sie durch eine große Show blenden?
Auch überlässt der eitle Selbstdarsteller in der Regel nichts dem ZUFALL, dafür ist die Inszenierung zu perfekt. Damit tut er seiner Kunst - falls diese doch etwas zu sagen hätte -etwas Reaktionäres an. Eine perfekte Inszenierung kennt keine Lücke_

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